Alle Menschen sollen gleichberechtigt und barrierefrei Zugang zu notwendigen Gesundheitsangeboten haben. Hierzu gehören eine gute ärztliche Versorgung sowohl im allgemeinärztlichen als auch im fachärztlichen Bereich im ganzen Land. Mit unserem erfolgreichen Landärzteprogramm unterstützen wir weiterhin Hausärzte sowie Kinder- und Jugendärzte bei einer Niederlassung auf dem Land. Außerdem richten wir an allen medizinischen Fakultäten des Landes Lehrstühle für Allgemeinmedizin ein und schaffen zusätzliche Studienplätze für mehr Hausärzte im ländlichen Raum. Durch die „Landarztquote“ nehmen zudem jährlich 75 Studierende das Studium der Humanmedizin auf, die sich verpflichtet haben, im Anschluss an das Studium und die entsprechende, ärztliche Weiterbildung als Hausärzte in Bedarfsgebieten nach dem Landarztgesetz in Baden-Württemberg tätig zu sein. Für eine am Bedarf der Patientinnen und Patienten ausgerichtete Versorgung auch mit fachübergreifenden und neuheitlichen Ansätzen werden wir interdisziplinäre Primärversorgungszentren weiter fördern.
Für eine gute und flächendeckende Gesundheitsversorgung im ganzen Land ist eine funktionierende Krankenhauslandschaft unverzichtbar. Deswegen werden wir unserer Verantwortung für die Investitionen in die Krankenhäuser des Landes gerecht. Baden-Württemberg hat die Mittel für Krankenhausinvestitionen in den vergangenen Jahren deutlich erhöht – auf derzeit 511 Millionen Euro pro Jahr. Das ist so viel wie noch nie. Eine auskömmliche Landeskrankenhausförderung wollen wir gerade mit Blick auf die notwendigen Digitalisierungsstrukturen weiterführen und uns auch gegenüber dem Bund für eine sachgerechte Betriebskostenfinanzierung der Krankenhäuser einsetzen.
Unsere Krankenhausplanung orientiert sich am tatsächlichen Versorgungsbedarf der Bevölkerung. Das Augenmerk legen wir dabei auf die intelligente Verzahnung von ambulanten und stationären Angeboten. Kommunale Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft bleiben eine wichtige Säule der Versorgung.
Neben der ärztlichen Versorgung wollen wir vorhandene Versorgungsangebote und bewährte Hilfestrukturen erhalten – wie beispielsweise bei den Apotheken und Heilmittelerbringern wie Physiotherapeuten oder Ergotherapeuten. Die ambulante Pflege als wichtiges Element der medizinischen Versorgung bauen wir aus und setzen uns für eine kostendeckende Finanzierung der häuslichen Krankenpflege ein. Auch in der Hospiz- und Palliativversorgung wollen wir ambulante Angebote stärken und bedarfsgerechte Kinderpalliativversorgung anbieten.
Eine gute, sichere und wohnortnahe Versorgung von Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen ist uns wichtig. Die Ergebnisse des Runden Tisches Geburtshilfe verstetigen wir und führen Modelle wie beispielsweise lokale Gesundheitszentren mit dem Schwerpunkt auf geburtshilflicher Versorgung fort.
Die Versorgung mit sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimitteln und Medizinprodukten hat für uns einen hohen Stellenwert. Durch eine Stärkung der Überwachungsstrukturen leisten wir hierzu einen Beitrag und bieten darüber hinaus den im Land ansässigen Unternehmen der Pharma- und Medizintechnikbranche kompetente Ansprechpartner in Fragen der Arzneimittel- und Medizinproduktesicherheit.
Die Qualität der medizinischen und pflegerischen Versorgung lässt sich in Zukunft nur mit interdisziplinären, multiprofessionellen Teams und durch eine Aufwertung der Gesundheitsfachberufe erhalten. Die Fachschulausbildung soll weiterhin als größte Säule der Pflegeausbildung bestehen bleiben. Zugleich orientieren wir uns an den Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Akademisierung und entwickeln in Modellprojekten Einsatzmöglichkeiten.
Die Gesundheitsfachberufe werden stetig bundesweit modernisiert und damit attraktiver gemacht. Der Hebammenberuf wird nach einer kurzen Übergangszeit nur noch im Rahmen eines dualen Studiums erlernt. Der 2018 eingerichtete Modellstudiengang für Hebammenwissenschaften war eine wichtige Basis für die Umstellung im Land.
Mehrere Assistenzberufe im Gesundheitswesen wurden bereits reformiert und zum Teil erstmals auf eine gesetzliche Grundlage gestellt, etwa die anästhesietechnische Assistenz oder operationstechnische Assistenz. Vier Berufe im Bereich der medizinischen Technologie wurden an die heutigen Anforderungen des Gesundheitswesens angepasst. Die Reformen setzen wir zurzeit im Land um. An der Reform der ärztlichen Ausbildung wirken wir aktiv mit.
Die zügige Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in medizinischen und pflegerischen Berufen wollen wir weiter verbessern. Das Gesetz zur Reform der Pflegeberufe, mit dem eine Erhöhung der Ausbildungsqualität sowie eine Aufwertung des Pflegeberufs einhergehen soll, ist zum 1. Januar 2020 vollständig in Kraft getreten. Die bislang selbstständigen Ausbildungen in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie in der Altenpflege sind jetzt zu einer generalistischen Pflegeausbildung zusammengeführt. Bei allen Maßnahmen spielt die Patientensicherheit eine große Rolle.
Mit Modellprojekten wie „docdirekt“ oder den „Genossenschaftlichen Hausarztmodellen“, die teilweise schon ihren Weg in die Regelversorgung gefunden haben, möchte die Landesregierung mit passgenauen und bedarfsgerechten Ansätzen dazu beitragen, dass die Menschen im Ländlichen Raum auch in Zukunft sicher sein können, ärztlich gut versorgt zu sein.
Dringend notwendig ist auch eine bessere Vernetzung und Verzahnung innerhalb des Gesundheitswesens. Das gilt sowohl für die Verzahnung stationärer und ambulanter Behandlungen als auch für die Vernetzung zwischen den verschiedenen Gesundheitsberufen, um passgenaue Lösungen für die jeweilige Region zu finden. Deshalb ist für uns die Weiterentwicklung der sektorenübergreifenden Versorgung ein sehr wichtiges Ziel. Kommunale Gesundheitskonferenzen, die in allen Stadt- und Landkreisen etabliert sind, spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung passender Präventions- und Versorgungskonzepte für den jeweiligen Landkreis und die Region.
Psychische Erkrankungen nehmen auch in Baden-Württemberg immer mehr zu – auch die Pandemie hat hier zu einem weiteren Anstieg geführt. Niedrigschwellige Beratungsangebote wie die sozialpsychiatrischen Dienste müssen in der Stadt und auf dem Land nahe am Wohnort für Erkrankte aller Altersgruppen erreichbar sein. Wir haben mit dem neuen Landespsychiatrieplan 2018 die Rahmenplanung der psychiatrischen Versorgungsstruktur konsequent weiterentwickelt. Das Zusammenwirken der verschiedenen Beteiligten und das Aufzeigen geeigneter Handlungsrahmen beschreiben gemeinsame Wege für die weitere Entwicklung und sind Grundlage einer steten Neubewertung. Hierbei sind uns Angebote der Krisen- und Notfallversorgung und ein Ausbau der Behandlungsangebote in den eigenen vier Wänden ggf. auch auf digitalem Weg besonders wichtig.
Mit der Anpassung des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes haben wir 2019 die Rechte psychisch kranker Menschen bei Fixierungsmaßnahmen erheblich gestärkt.
Vorsorge ist die beste Medizin. Damit können wir nicht nur Gesundheitsrisiken, sondern auch spätere Kosten zur Behandlung von Krankheiten vermeiden – insbesondere bei den durch den Lebensstil beeinflussbaren Erkrankungen. Gesundheitsförderung und Prävention spielen eine zentrale Rolle für die Gesunderhaltung der Bevölkerung und sind deshalb Schwerpunkte der Gesundheitspolitik im Land, die gleichberechtigt neben Heilbehandlung, Rehabilitation und Pflege stehen.
Die Landesregierung setzt sich für eine gesundheitsgerechte Gestaltung der Lebens- und Arbeitswelt ein. Die Präventionspolitik des Landes wird entsprechend dem Auftrag aus dem Landesgesundheitsgesetz und dem Gesundheitsdienstgesetz strategisch koordiniert und begleitet. Mit dem Ansatz „Health in All Policies“ werden wir Gesundheitsaspekte in politisches Handeln übernehmen und unter anderem eine ressortübergreifende Strategie für Gesundheitsförderung entwickeln.
Daneben zählen auch Umweltbelastungen zu den Gesundheitsrisiken, die im Rahmen einer vorsorgenden Gesundheitspolitik Berücksichtigung finden.
Impfungen sind eine der wichtigsten Maßnahmen der gesundheitlichen Vorsorge. Durch Aufklärung und Information wollen wir die Inanspruchnahme von Impfungen steigern, damit auch die Bevölkerungsgruppen geschützt sind, die zum Beispiel aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können.
Dabei ist Gesundheitskompetenz eine wichtige Grundlage für alle Bevölkerungsgruppen. Menschen werden befähigt, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und auf ihre Entscheidungen für die eigene Gesundheit anzuwenden – ob im Bereich der Gesunderhaltung, Prävention oder Therapien bei Erkrankungen.
Unsere Drogen- und Suchtpolitik beruht auf den bewährten Säulen von Prävention und Beratung, Hilfsangeboten und Therapie sowie Schadensminderung und Überlebenshilfe. Damit wollen wir der Entstehung von Suchterkrankungen und gesundheitlichen Schäden vorbeugen, alle Menschen, vor allem aber Kinder und Jugendliche schützen und suchtkranken Menschen helfen. Mit Resilienz- und Aufklärungsarbeit in den Schulen verfolgen wir frühzeitige Ansätze, die Abhängigkeit und riskante Konsumformen verhindern oder zumindest verringern. Im Sinne der Schadensminderung werden wir auf ein wissenschaftlich begleitetes Modellprojekt hinwirken, um Inhaltsstoffe von illegalen Drogen überprüfen zu lassen (Drug-Checking).
Eine qualitativ hochwertige und bezahlbare Pflege zu sichern, ist inzwischen eine der zentralen sozial- und gesellschaftspolitischen Aufgaben. In Baden-Württemberg wird die Zahl der pflegebedürftigen Menschen bis 2030 weiter stark steigen. In gleichem Maße wird der Bedarf an qualifizierten Pflegekräften zunehmen.
Ältere Menschen haben den berechtigten Wunsch, so lange wie möglich selbstbestimmt, sozial eingebunden und würdevoll in ihrer gewohnten Umgebung leben zu können. Daher ist es notwendig, wohnortnahe Strukturen und Dienste zu schaffen, die diesen Wunsch unterstützen. Die Landesregierung hat sich eine passgenaue Unterstützung von hilfe- und pflegebedürftigen Menschen sowie eine stärkere Entlastung pflegender Angehöriger und vergleichbar Nahestehender auf die Fahnen geschrieben. Sie misst hierfür den Themen Quartiersentwicklung und Digitalisierung große Bedeutung bei. Dabei werden wir die Quartiersentwicklung beim Städte- und Wohnungsbau ebenfalls mitdenken.
Sozialraumbezogene Angebote sehen wir als die notwendige Basis an, die Leistungen der Pflegeversicherung zum Nutzen der Versicherten organisiert vorhalten zu können. Weitere wichtige Aufgaben sind die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unterstützung, Betreuung und Pflege. Etwa für Unterstützungsangebote im Alltag durch die Unterstützungsangebote-Verordnung, die Entlastung pflegender Angehöriger und vergleichbar Nahestehender sowie die Förderung alltagsunterstützender Techniken und digitaler Anwendungen. Ebenso die Intensivierung des Tagespflegeangebots, des Angebots von ambulant betreuten Wohngemeinschaften und rehabilitativ ausgerichteten Kurzeitpflegeplätzen. Eine sinnvolle Nutzung dieser Angebote wird auch durch Einrichtung eines umfassenden Quartiersmanagements möglich. Vieles hierzu haben wir im Landespflegestrukturgesetz geregelt, das 2019 in Kraft getreten ist.
Mit diesem modernen Gesetz ermöglichen wir auch den Ausbau des in der Pflege notwendigen Beratungsangebots für die Versicherten durch die Schaffung weiterer Pflegestützpunkte und die Einrichtung der Modellkommunen Pflege. In den Kommunalen Pflegekonferenzen können alle Beteiligte sektorenübergreifende Sachverhalte mitgestalten und zwar vor Ort, dort, wo die Expertise gegeben ist. Das Land fördert die Entstehung von Kommunalen Pflegekonferenzen.
Genügend vielfältige Angebote pflegerischer Unterstützung und Versorgung sind gerade im ländlichen Raum entscheidend für das selbstbestimmte Leben im Alter in der gewohnten Umgebung. Daher werden wir kreativ an Überlegungen zu weiteren Formen des Wohnens im Alter herangehen.
Die fortschreitende Digitalisierung im Gesundheitswesen bietet gerade auch im ländlichen Raum gute Möglichkeiten, die medizinische Versorgung der Bevölkerung zu verbessern und zu erleichtern. Deshalb wollen wir die Digitalisierung in Medizin und Pflege zielführend und nachhaltig ausbauen. Digitale Angebote wie die Videosprechstunde sollen das Bestehende nicht ersetzen. Sie können aber die medizinische Versorgung ergänzen und Pflegesettings stabilisieren und sichern. Für die Langzeitpflege werden wir beispielsweise das Landeskompetenzzentrum Pflege & Digitalisierung PflegeDigital@BW als zentrale Beratungs-, Vernetzungs-, sowie Lern- und Lehrinstitution weiter voranbringen. Zudem beteiligen wir uns am Elektronischen Gesundheitsberuferegister, um den Pflegekräften, Hebammen und Physiotherapeuten in Baden-Württemberg die Mitwirkung an digitalen Anwendungen in ihrem Tätigkeitsbereich zu ermöglichen, sobald das Register startet.
Über allen Maßnahmen und Initiativen der Landesregierung im Bereich der Digitalisierung im Gesundheitswesen steht das Ziel, den innovativen Gesundheits- und Pflegeprojekten einen Weg in die Regelversorgung, also zu allen Patientinnen und Patienten, zu bereiten. So baut das Projekt „Implementation Board Baden-Württemberg“ eine Brücke für die Träger von digitalen Gesundheits- und Pflegeprojekten. Es dient dazu die Akteure in diesem Bereich zu vernetzen – bestehende Projekte können so besser verglichen und Synergien gefunden werden. Ziel des „Implementation Boards“ ist es, die digitalen Bedarfe für das Gesundheitswesen herauszuarbeiten und übergeordnete Strategien für Baden-Württemberg zu entwickeln.
Auch innerhalb des Forums Gesundheitsstandort werden wir unsere Digitalisierungsanstrengungen bereichsübergreifend verstärken. Natürlich sind Datenschutz und -sicherheit gerade bei hochsensiblen Gesundheitsdaten von großer Bedeutung.
Die Entwicklung der Personalisierten Medizin fördern wir auch in Zukunft. Diese spielt als Zukunftstechnologie eine wichtige Rolle bei der Wissensgenerierung zu besseren Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten. Das Netzwerk der vier Zentren für personalisierte Medizin an den Universitätskliniken erweitern wir nun durch Kooperation mit regionalen Krankenhäusern zu einer regionalen onkologischen Versorgungsstruktur. Eine Ausweitung auf entzündliche Erkrankungen sowie der Einbezug des ambulanten Sektors ist geplant.